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Zehntausend Stunden

Das Internet der Zukunft

Die Zukunft des Internets! Wo doch seine Gegenwart schon schwer genug zu erfassen ist…! Doch ab und zu kommt selbst zu diesem mega-komplexen Thema eine gute Zusammenschau auf den Markt. Zuletzt das Media 2020-Papier von Contently.

Wer tiefer einsteigen möchte in die Entwicklung der Nutzungsgewohnheiten und der (mutmaßlichen) Pläne der heute schon traditionsreichen Giganten Google, Apple und Facebook sowie starker Newcomer wie Snapchat – dem sei der Download der gut 30 Seiten wärmstens empfohlen.

Hier die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte:

TEIL 1: WAS IST

Mobil statt stationär

Wir haben uns in kürzester Zeit verwandelt: Wir sind heute „Device People“, die Smartphone-Spezies. Jeder kennt die Bilder von der Entwicklung des Menschen – Affe, Vormensch, Höhlenmensch, Büromensch. Jetzt ist die nächste Stufe der kulturellen Evolution erreicht: Wo der Mensch geht, steht und hockt, schaut er aufs Smartphone. 65 Prozent der Nutzung digitaler Medien geschieht über das kleine Gerät.

Apps statt Browser

Damit zusammenhängend: Wir erleben das Internet immer seltener über einen Browser, heiße er Chrome, Internet Explorer, Firefox oder Safari – und somit auch immer seltener über die Google-Suche oder eine andere Suchmaschine. Stattdessen greifen wir direkt auf Apps zu. In Entwicklungsländern sagen die Leute, wenn sie ein Smartphone kaufen wollen, zum Verkäufer: „Ich will Facebook.“

Mobile Apps sind die großen Gewinner: 85 Prozent der Nutzungszeit mobiler Endgeräte verbrachten die User 2015 in Apps. Aber Apps sind nicht das „offene Netz“, wo man von einer Seite zur anderen surft, sich hin und wieder von einem gesponserten Link verführen lässt und ab und zu Google fragt.

Apps werden gerade das, was früher die Fernsehkanäle waren. Man schaut eine Weile, was auf Facebook los ist und zappt (erinnert sich noch jemand an das Wort?) dann zu Instagram. Oder Twitter. Oder zu einer Nachrichten-App wie SPON.

Das Website-Zeitalter geht (vielleicht) zu Ende

John Herrman (The Awl) formulierte bereits Anfang 2015: „Websites sind unnütze Überreste einer Zeit bevor es bessere Wege gab, um Dinge zu finden, die man sich auf seinem Computer oder Handy ansehen kann.“

Hoppla. Darüber wird noch zu reden sein…

Live-Streams, Internet der Dinge, Chat Apps

Live Streaming könnte das nächste große Content-Format sein. Zumindest scheint Facebook das so zu sehen – und pusht Facebook Live entsprechend. Twitter hat schon 2015 die Streaming App Periscope integriert, Amazon bereits 2014 Twitch gekauft.

Und das Internet of Things? Eine Welt, in der Dinge miteinander kommunizieren, mag noch immer nach Science Fiction klingen. Doch auch IoT gibt es schon – in immer mehr Gegenstände sind vernetzte Computer integriert, in der industriellen Produktion, im Transport und immer öfter auch in unseren Häusern.

Chat Apps: Facebook hat schon 2014 WhatsApp gekauft – und tut, was es kann, um Facebook Messenger zu pushen. Nicht ohne Grund: Facebook mag die dominierende Internet-Plattform sein – aber von Chat-Apps, deren Kerngeschäft die Botschaft von Nutzer zu Nutzer ist, geht eine enorme Faszination aus. Weltweit – in China ist WeChat die wichtigste Internet-Plattform, in Japan: Line, in Südkorea: KakaoTalk.

Und dann ist da Snapchat, gebaut rund ums Nachrichtenverschicken. Die sogenannten Millenials, die rund um die Jahrtausendwende Geborenen, verbringen jetzt schon fast so viel Zeit mit Snapchat wie mit Facebook. Trotzdem hat Snapchat erst 40 Prozent der 18- bis 34-Jährigen erreicht, es ist also noch Luft nach oben. Die Nutzerzahlen wachsen weiterhin rasant.

Die Kommunikation mit einem Unternehmen auf einer Chat-Plattform sieht so aus: Der Kunde nimmt einmal Kontakt auf, zum Beispiel um eine Frage zu stellen und beginnt damit einen Thread, in dem alle künftige Interaktion – jede Anfrage, jeder Download, jede Buchung – stattfindet.

Praktisch für den Kunden – und für das Unternehmen, das den Kunden automatisch in seinen Kontext einordnen kann. Aus Marketingsicht: einfach unwiderstehlich.

TEIL 2: WAS KOMMT

5G, Virtual Reality, Augmented Reality und das Internet der Plattformen

Es wird schneller, viel schneller. Und noch viel interaktiver.

5G

Sie finden, das mobile Internet sei ganz schön schnell geworden? Es ist eine Schnecke! Jedenfalls im Vergleich zu 5G.

Das Smartphone wirklich als „Internet in der Tasche“ zu nutzen, wurde erst möglich mit dem modernen Mobilfunkstandard 4G/LTE – ergänzt durch WLAN an fast jeder Ecke.

5G, die nächste, fünfte Generation der mobilen Datenübertragung, ist in Vorbereitung.

Ein paar Jahre wird es noch dauern, aber zu Beginn des nächsten Jahrzehnts dürfte es soweit sein. 5G wird – bitte anschnallen – etwa zehnmal so schnell sein wie 4G.

Und dank des Internets der Dinge wird es seine Daten von überall bekommen. Denn wie Aicha Evans so schön sagte: „If it computes, it must connect. Otherweise it might as well be a brick.“ Die General Managerin bei Intel rechnet damit, dass bis 2020 50 Milliarden Dinge zum IoT gehören werden.

Wie dürfen wir uns das praktisch vorstellen? Zum Beispiel so:

  1. Der Kühlschrank schickt, genau in dem Moment, in dem sein Besitzer am Feierabend das Büro verlässt, eine Nachricht ans Smartphone: Es ist nur noch eine Flasche Bier da.
  2. Auf dem Weg zum Supermarkt sieht der Nutzer Bier-Ads bei Facebook oder einer Nachfolge-Plattform.
  3. Verlässt er dann den Supermarkt mit einem frischen Sixpack, gibt die Zahlungsfunktion seines Smartphones der Biermarke Bescheid, diesem Nutzer jetzt erst einmal keine Werbung mehr zu zeigen.

Eine Marketing-Goldmine.

Mit 5G wird auch Live-Streaming viel einfacher (jedenfalls von der Seite der Datenübertragung her). Live Streams könnten in einigen Jahren so normal sein wie Videos heute. Wobei die Frage, ob die Leute wirklich alles live sehen wollen wie die Tagesschau – oder vielleicht doch lieber nach Belieben ihr eigenes Programm festlegen – natürlich bestehen bleibt.

Virtual und Augmented Reality

Cardboard von Google, Oculus von Facebook, Gear von Samsung: alles sehr beeindruckend! Der heilige Gral der Virtual Reality ist die Möglichkeit, mit der Umgebung zu interagieren. Das bieten HTC Vive, PlayStation VR, und die angekündigte Kontrollfunktion Touch von Oculus. Zum Beispiel Vive: Das Gerät scannt den realen Raum. Wenn der Nutzer eine Bewegung macht, zum Beispiel einen Schritt nach vorn, dann macht er diesen Schritt auch in der virtuellen Umgebung. Zum Beispiel Oculus Touch: die Hand Controller ermöglichen es, Dinge in der virtuellen Realität anzufassen.

Augmented Reality ist der nächste Schritt. Der Begriff wird oft mit „erweiterte Realität“ übersetzt, besser passt: angereicherte Realität. Der Nutzer hat ein Wearable auf der Nase wie im Falle einer Virtual-Reality-Experience. Aber die visuellen Informationen des Wearables werden scheinbar Teil der realen Umgebung. Grafiken, 3D-Modelle und Texte der virtuellen Realität reichern die Umgebung an, ergänzen sie.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat bereits VR-Brillen angekündigt, die zwar noch keinen Namen haben, aber an Googles gescheitertes AR-Experiment von 2012, Google Glasses, erinnern. Google war damals vermutlich einfach der Zeit ein paar Schritte zu weit voraus. Snapchat soll schon seit einer Weile mit VR- und AR-Features experimentieren und kauft entsprechende Firmen auf und Spezialisten ein.

AR wird sich zu Virtual Reality verhalten wie Smartphones zu Desktop-Rechnern: Die Menschen werden VR nutzen, zum Beispiel für Computerspiele. Aber ihr AR-Wearable werden sie stets bei sich tragen – beziehungsweise auf der Nase.

Das mobile Internet der Plattformen

Die Entwicklung vom offenen Netz, das der User per Browser durchsurft, zum Internet der Plattformen wird sich fortsetzen. Dabei werden alle Chat-Plattformen noch wichtiger werden – und die anderen werden immer stärkere Chat-Elemente in sich aufnehmen. Der Content wird öfter noch als heute live sein. Und vor allem VR und AR integrieren.

Fast die Hälfte der für 2020 prognostizierten Weltbevölkerung von 7,75 Milliarden wird ein Smartphone haben. Jedes moderne Gerät wird nicht nur ein Mini-Computer sein, wie es heute schon der Fall ist: Es wird vernetzt sein. Oder andersherum formuliert: Das Internet wird Teil jedes modernen Geräts sein. Und es wird im kommenden Jahrzehnt immer öfter auch direkt im Blickfeld der Menschen sein: vor ihrer Nase. Wortwörtlich.

Wir werden live mit Freunden, Marken und Dingen interagieren, in virtuellen oder angereicherten Realitäten – durch ein mobiles Internet der Apps und Plattformen.

Was bedeutet das für Ihr Geschäft – und was für die Kommunikation Ihres Unternehmens?

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