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Zehntausend Stunden

PR-Freelancer: Auf gute Zusammenarbeit!

Anfang 2023 habe ich beim DPRG-Kickoff zu den Top-Trends des Jahres über PR-Freelancer gesprochen. Im Folgenden die wichtigsten Punkte aus dem Vortrag: Wie Freelancer:innen ticken – und meine Tipps, wie man am besten mit ihnen arbeitet.

Wie PR-Freelancer ticken

Der Einfluss von Freelancer:innen auf den Erfolg von PR-Projekten und -Accounts ist gewachsen: Ihre Rollen sind in den letzten Jahren vielseitiger und umfangreicher geworden. Wer die richtigen freischaffenden PR-Leute findet und sie richtig einsetzt, hält daher einen Schlüssel für eine positive Arbeitskultur – und entsprechend gute Ergebnisse – in der Hand.

Es lohnt sich also, sich damit zu beschäftigen, wie die Freien ticken und wie man am besten mit ihnen arbeitet.

Freelancer oder Unternehmer?

Lassen Sie mich zuerst kurz klären, wie ich PR-Freelancer definiere – und warum längst nicht alle, die ich „Freelancer“ nennen würde, sich selbst mit diesem Begriff bezeichnen:

  • Freelancer:innen in der PR sind selbstständige Berater:innen und Kreative ohne eigene Angestellte.
  • Sie unterstützen Unternehmen und Agenturen bei Aufgaben, für die diese kein oder zu wenig festangestelltes Personal haben.

Ganz einfach? Nicht ganz: Viele Fachleute, die eigentlich unter diese Definition fallen würden, nennen sich selbst nicht Freelancer. Denn sie sehen sich als Unternehmer:innen. 

  • Ich kenne PR-Freelancer, die sich mit der Bezeichnung „Freelancer“ allein, klein und unbedeutend fühlen würden. Sie nennen sich lieber „Unternehmer“. 
  • Ich kenne aber auch Freelancer, die den Begriff „Freelancer“ lieben. Weil für sie vor allem Freiheit, Unabhängigkeit und Flexibilität bedeutet.

Alter, Berufserfahrung und Geschlecht

Soweit zum Gefühl. Wir können uns den Freelancern auch über Zahlen nähern. Die Freelancer-Plattform Malt hat 2022 eine Studie zu den dort angemeldeten Selbstständigen vorgestellt. Die ersten Zahlen betreffen alle deutschen Freiberufler, die auf der Plattform angemeldet sind, nicht nur die PR-Freelancer:

  • Das Durchschnittsalter der Freelancer ist 43 Jahre
  • Im Durchschnitt waren sie vorher 10 Jahre angestellt tätig 
  • Mit 67-prozentiger Wahrscheinlichkeit sind sie ein Mann

Motivation und Zufriedenheit

Malt hat die Freelancer auch gefragt, was ihre wichtigsten Beweggründe für ihre selbstständige Tätigkeit sind:

  • Unabhängigkeit, von 91 Prozent genannt
  • Gefolgt von flexiblen Arbeitszeiten, von 85 Prozent genannt

Die große Mehrheit ist mit ihrem beruflichen Setup zufrieden:

  • 75 Prozent wollen selbstständig bleiben
  • 22 Prozent sind offen für Jobangebote
  • 3 Prozent sind auf der Suche nach einer Festanstellung

Die spezielle Situation deutscher Freelancer

Die Studie zeigt auch, dass deutsche Freelancer mehr rechtlichen Einschränkungen unterworfen sind als Freelancer in anderen Ländern. Dazu möchte ich hier nur den zentralen Punkt erwähnen: Scheinselbstständigkeit. Ein kluger Freelancer bleibt beim Thema Scheinselbstständigkeit auf der sicheren Seite. 

Ich empfehle allen, die sich mit dem Thema befassen müssen, den Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD). Dort gibt es aktuelle Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen und laufenden Austausch und Diskussion auf hohem Niveau. 

Die beiden folgenden Punkte sind nur meine persönlichen Faustregeln zur Vermeidung von Scheinselbstständigkeit:

  • Innerhalb eines Jahres mehrere Kunden bedienen – als Untergrenze dessen, was noch ausreichend ist, würde ich sagen: fünf.
  • Mit keinem Kunden über 80 Prozent des Umsatzes machen – ich persönlich finde, dass 60 Prozent schon zu viel sind. 

Honorare der PR-Freelancer auf Malt

In einem Vortrag beim DPRG-Arbeitskreis PR-Unternehmer:innen – noch eine Empfehlung für alle PR-Freelancer – hat Pascal Schäfer von Malt zusätzliche Zahlen genannt. Und zwar waren im 1. Halbjahr 2022

  • fast 600 Freelancer im Bereich PR / Journalismus / Kommunikationsberatung auf Malt aktiv,
  • sie haben in dieser Zeit etwa 50 Projekte über die Plattform akquiriert
  • und hatten einen durchschnittlichen Tagessatz von 730 Euro, das entspricht etwas über 90 Euro pro Stunde.

Das Thema „Honorare“ ist für viele Freelancer nicht ganz einfach. Falls Sie nicht selbstständig sind: Stellen Sie sich bitte vor, Sie müssten alle paar Wochen oder Monate Ihr Gehalt neu verhandeln. Sie müssten Ihrem Arbeitgeber sagen, was Sie angesichts der anstehenden Aufgaben pro Stunde oder Tag verdienen wollen – und Ihr Arbeitgeber wäre völlig frei darin, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen.

Ich persönlich habe viele Jahre gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt habe, regelmäßig neue Preise zu nennen. Es muss aber sein, sonst wäre ich immer noch bei meinen Tagessätzen von 2005! Ich lese daher immer mit großem Interesse die Zahlen zu Honoraren im Honorarbarometer der DPRG:

DPRG-Honorarbarometer für PR-Freelancer

Das Honorarbarometer 2022 zeigt im Vergleich zu 2019 eine klare Steigerung der Honorare für klassische Leistungen von PR-Freelancern wie Recherche, Texten, Social Media, Grafik, Beratung und Konzeption.

  • Bei der vorigen Umfrage war für diese Leistungen die Preispanne von 61-70 Euro noch eine der häufigsten.
  • 2022 wurden sie überwiegend mit 70 Euro und mehr pro Stunde abgerechnet.

Hochspannend finde ich auch immer die Jahresumsätze. Insgesamt zeigt sich ein sehr diverses Bild bei den Vollzeit-Freelancern.

  • 8 Prozent der PR-Freelancer gaben für 2021 einen Jahresumsatz zwischen 20.000 und 30.000 Euro an.
  • 21 Prozent nannten einen Jahresumsatz von 150.000 Euro oder mehr.

150.000 Euro und mehr? Das ist eine Ansage. Allerdings: Je höher der Jahresumsatz, desto höher sind auch im Allgemeinen die Kosten.

  • Freelancer, die gut verdienen, reisen und repräsentieren oft mehr.
  • Sie haben möglicherweise teures Equipment oder teure digitale Abos.
  • Vor allem aber geben sie meistens Aufträge an andere Freelancer weiter.

Deshalb braucht man sich auch nicht wundern, wenn gerade „gute“ Freelancer – also solche, die zuverlässig hohe Qualität liefern – viele Aufträge annehmen können: Oftmals geben sie diese an ihr Netzwerk weiter und sehen ihre Rolle dann vor allem darin, eben jene hohe Qualität sicherzustellen. 

Wie arbeiten PR-Freelancer – und wie arbeiten Sie am besten mit ihnen?

Die Rollen von Freelancern und Angestellten sind sich in den letzten Jahren sprunghaft ähnlicher geworden. Der Hauptgrund dafür – klar – ist der Shift durch die Pandemie.

Freelancer sind die Early Adopter der hybriden Arbeitswelt

PR-Freelancer haben schon immer von zuhause und von überall gearbeitet. Sind sowieso in höchstem Maße eigenverantwortlich. Und können sich ihre Zeit ohnehin relativ frei einteilen. Die Arbeitswelt, die die meisten Angestellten erst durch die Pandemie kennengelernt haben, ist für Freelancer schon lange normal.

Die meisten Freelancer waren auch schon immer ohne viele Fragen bereit, die jeweils neuesten Collaboration-Tools zu benutzen. Denn diese helfen ihnen bei ihrem unabhängigen und flexiblen Arbeitsstil. Auf diesem Gebiet haben die Angestellten durch die rasche Weiterentwicklung von Remote und Hybrid Work mithilfe von Zoom, Teams & Co in den letzten drei Jahren aufgeholt. 

Seit der Pandemie arbeiten viele Angestellte mehr wie Freelancer. Und sie lieben es: Die Mehrheit der Angestellten will nicht mehr fünf Tage die Woche ins Büro. Viele Arbeitgeber haben sich darauf eingestellt und mehr oder minder großzügige Lösungen für Hybrid Work geschaffen. 

Das hat Auswirkungen auf die Freelancer – und zwar positive.

Tiefere Integration denn je

Wenn alle zuhause sitzen – oder nach der Pandemie: von überall arbeiten – dann verwischt sich der Unterschied zwischen Freelancer und Angestellten im Arbeitsalltag.

Abgesehen von der Vertragsgestaltung: Wo ist der Unterschied, ob ich in einer Agentur in einem Team aus vier Leuten einen Account als Freelancerin betreue oder als Angestellter?

  • Bei den Arbeitsmethoden? Wir kommunizieren alle über Slack, bearbeiten Dokumente gemeinsam in Google Drive, treffen uns auf Zoom.
  • Bei den Arbeitszeiten? Jeder muss zu seinen Meetings da sein, sich reinhängen, Deadlines, Standards und Vereinbarungen einhalten. Keinen interessiert, ob jemand zwischendurch mit dem Hund rausgeht.
  • Bei der Konzentration auf den Account? Die Angestellten betreuen noch andere Accounts – ich betreue noch andere Kunden – wir können alle nicht zu hundert Prozent für den einen Account existieren.
  • In der Hierarchie? Freelancer sind nicht weisungsgebunden und können auch keine Weisungen erteilen – aber in einem Arbeitsumfeld, in dem wir gemeinsam kreative Lösungen finden wollen, kommt es ohnehin nicht so auf Weisungsbefugnis an.

Wenn wir uns das eben skizzierte Bild der Zusammenarbeit anschauen, wird deutlich: Die Integration in das Team ihres Kunden ist für Freelancer heute viel einfacher als vor drei Jahren. Freelancer sind heute Teil des Workflows. Sie sind flexibler einsetzbar und damit eine bessere Unterstützung für ihre Kunden als je zuvor. Denn sie können

  • viel stärker Teil des Teams sein, 
  • als Teil des Teams selbst erkennen, welche Aufgaben wichtig und / oder dringend sind,
  • einspringen, wenn’s brennt – aber auch das große Ganze sehen, 
  • daher aktiv mithelfen, ein Projekt auf Kurs zu halten.

Was bedeutet „gute Zusammenarbeit“ für PR-Freelancer?

Durch die engere Zusammenarbeit wächst das Vertrauen. Das ist gut für die Produktivität, weil es für Freelancern genau wie für Angestellten wichtig ist, bei der Arbeit eine soziale Verbindung zu spüren. 

Ein letzter Blick auf die Malt-Studie: Zu den wichtigsten Kriterien für eine gute Zusammenarbeit zählen für Freelancer

  • gute Arbeitsbeziehungen: 69 Prozent 
  • und regelmäßige Kommunikation mit dem Team: 49 Prozent 

Das versteht jeder, der in der Pandemie Einsamkeit im Home-Office erlebt hat. Freelancer hatten meistens Jahre Zeit, sich eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die zu ihnen passt. Aber das Alleinsein im Home-Office war und ist für viele schwierig. Die engere Anbindung an die Teams unserer Kunden ist daher hilfreich und wird von vielen Freelancern, mit denen ich darüber gesprochen habe, als sehr positiv empfunden.

Natürlich freuen sich Freelancer genau wie Angestellte über die Dinge, die jedem Menschen die Arbeit leichter und angenehmer machen:

  • eine klare und strukturierte Aufgabenstellung
  • Informationen über den Kontext von Projekten
  • Feedback
  • respektvoller Umgang und ausreichend Freiraum
  • Unternehmenswerte, die im Arbeitsalltag zu spüren sind

Es lohnt sich auf all diese Dinge in der Zusammenarbeit mit Freelancern zu achten (zum Beispiel durch ein vernünftiges Onboarding, wenn ein Freelancer neu dazu kommt).

Es lohnt sich deshalb, weil Freelancer nicht nur Lücken in der Personaldecke stopfen und Auftragsspitzen abfedern. Wenn eine gute Arbeitsbeziehung entstanden ist, können Freelancer noch mehr, als „nur“ ihre Aufgaben erfüllen und sich wie beschrieben einbringen.

Mehr Kontinuität durch Freelancer

Wenn es gut läuft, können Freelancer in PR-Projekten und -Agenturen Kontinuität schaffen. 

Das berührt allerdings einen heiklen Punkt. Den Punkt, an dem die Integration in Kundenteams endet: Freelancer können nicht verbergen, dass sie Freelancer sind. Auch nicht den Kunden ihrer Kunden gegenüber. Sie können ihre Selbstständigkeit nicht verleugnen – nicht im Zeitalter von LinkedIn

Manchen Auftraggebern ist der Gedanke unangenehm, ihre Kunden könnten merken, dass sie Freelancer im Team haben. Und tatsächlich kann das bei manchen Kunden zu einer Irritation führen. Die Lösung heißt entweder: genug Festangestellte. Oder: Gewöhnung. Kontinuität. 

Ein Freelancer, der über einen langen Zeitraum kontinuierlich – oder immer wieder – für einen bestimmten Kunden arbeitet, wird zu einem vertrauten Gesicht. Er ist am Ende länger im Team als mancher Festangestellte und steht mit für Kontinuität und Solidität seines Auftraggebers.

PR-Freelancer können sich Loyalität leisten

Wenn die Zusammenarbeit gut läuft, können Freelancer nicht nur Kontinuität bieten. Sondern sogar mehr Loyalität bieten als ein Großteil der Angestellten. 

Nicht, weil sie besseren Menschen wären 😉 Sie sind einfach auf langfristige Zusammenarbeit ausgerichtet und wissen, dass gute Bestandskunden für sie Gold wert sind. Sie haben weniger Gründe als Angestellte, eine an sich gute Zusammenarbeit zu beenden.

Freelancer – im Gegensatz zu Angestellten – müssen niemanden fragen, nichts beantragen und vor allem: nicht kündigen, nur weil sie etwas verändern möchten. Neue Chancen wahrnehmen oder eine neue Rolle ausprobieren. Neue Kompetenzen erwerben oder ihr Einkommen erhöhen.

Sie müssen nicht auf Beförderungen warten, sondern können ihr Kundenportfolio sanft anpassen. Sie brauchen eh mehrere Auftraggeber, jonglieren ohnehin mehrere Projekte. Also können sie sich weiterentwickeln, ohne die Brücken zu ihre Lieblings-Auftraggebern abzubrechen.

Freelancer können gute Auftraggeber behalten. Wenn es nach den Freelancern geht: für immer 😍

Sind Freelancer die Lösung?

Freelancing ist attraktiv für PR-Fachleute. Und der Einsatz von PR-Freelancern wird zunehmend zur Lösung für PR-Agenturen und Kommunikations-Abteilungen, die unter dem Fachkräftemangel leiden.

Brauchen Sie Verstärkung für Ihre PR-Projekte oder Ihre PR-Agentur? Fragen Sie sich, ob der Einsatz von Freelancern Ihre Lösung sein könnte? Lassen Sie uns darüber sprechen 😊

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